Wie ein Feuerzeug im Erfurter Wind | RL Nordost, 14. Spieltag, Rot-Weiß Erfurt vs. Babelsberg 03, 6:2 (2:0)


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Im Erfurter Steigerwaldstadion gab es am Samstag ein Torfestival zu sehen, das mit dem 6:2-Endergebnis klarer ausfiel, als der tatsächliche Leistungsunterschied. Für den SV Babelsberg war es die höchste Pflichtspielniederlage seit über zehn Jahren, als man damals in der 3. Liga 5:0 gegen Heidenheim verlor.

Markus Zschiesche ist mit der Mannschaft bereits am Vortag nach Erfurt gereist, um seine Spieler ausgeschlafen auf den Platz zu schicken. Spätestens nach vier Minuten in der Partie sorgte ein Kopfball von Innenverteidiger Aaron Manu an den Pfosten für den finalen Weckruf. Ab diesem Zeitpunkt bestimmten die Kiezkicker das Spielgeschehen und ließen die Gastgeber teilweise minutenlang nicht aus ihrer eigenen Spielhälfte kommen. Obwohl Babelsberg den Ball gut und sicher um den Erfurter Strafraum zirkulieren ließ, fanden sie keine geeignete Anspielstation in Tornähe, da die Erfurter tief standen und vehement verteidigten. Seltene Ausflüge zum Tor von Luis Klatte wurden dennoch gefährlich, beispielsweise als er etwas zu weit vor dem Kasten stand und den Fernschuss von Artur Mergel kommen sah (15.). Näher ließ die Equipe die Gegner nicht heran und ließ demnach kaum etwas zu. In den ersten 30 Minuten bekamen beide Torhüter wenig zu tun und konnten sich auf ihre Abwehrreihen verlassen. In 33. Minute konnte Klatte nur dabei zu sehen, wie eine Flanke aus dem Mittelfeld Richtung langen Pfosten segelte, wo Kay Seidemann sich davonstahl und den Ball aus kurzer Distanz über die Torlinie brachte, 1:0. Kurz nach Wiederanstoß hätte Tom Nattermann eine sofortige Antwort entgegnen können, scheiterte jedoch an Franco Flückiger (35.). Der Erfurter Torschütze, Kay Seidemann, schlug kurz vor der Pause erneut zu und legte ein perfekt getimtes Zuspiel zwischen die blauweißbunte Innenverteidigung abgezockt an Klatte vorbei (45.).

Das Zwischenergebnis spiegelte nicht die Babelsberger Mannschaftsleistung wider, Markus Zschiesche erkannte aber, dass in der Offensive mehr Schnelligkeit und Torgefahr braucht, wofür Matthias Steinborn und Rudolf Ndualu sorgen sollten. Sie standen kaum auf dem Feld, da brachte Artur Mergel seine Erfurter mit einem wuchtigen Schuss aus 20 Meter, unhaltbar platziert, zum mittlerweile zu deutlichen 3:0 (51.). Den Aufsteigern gelang einfach alles, was die Kiezkicker alles andere als verunsicherte. Mit dem Rücken zur Wand begann nun unsere beste Phase im Spiel. Erst brachte Rico Gladrow das Spielgerät zumindest gefährlich vor das Tor (55.), Tahsin Cakmak knapp neben (56.) und Steinborn schließlich beim dritten Versuch ins Tor (59.). Unter anderem er und sein Vorlagengeber, Ndualu, belebten das Spiel so sehr, dass man den Ruck in der Equipe förmlich spüren konnte. Die Thüringer spielten aber weiterhin ihre Stärken aus, weshalb ein schneller Konter den alten Abstand in der 62. Minute wiederherstellte, 4:1. Von außen betrachtet war es frustrierend, mit anzusehen, doch die Filmstädter schrieben fleißig weiter an ihrem Drehbuch für dieses kuriose Fußballspiel. Tino Schmidt kam auf den Platz und besetzte auch gleich die Hauptrolle in der nächsten kinoreifen Szene: Er führte selbst einen kurzen Freistoß aus, lief, während der Ball umhergespielt wurde, in den Sechszehner, Gencel flankte, Sietan köpfte, Nattermann zwangt den Torwart zu einer tollen Parade und der Initiator dieses Spielzuges, Tino Schmidt, schloss höchstpersönlich zum 4:2 ab (68.). Dreizehn Sekunden brauchte unsere Nummer 10 von der Bank bis zum Tor. Mit Blick auf die Uhr, war tatsächlich noch alles möglich, weshalb der Jubel aus Zeitgründen sparsam ausfiel. Es war der Nachmittag der Joker, denn auch Robbie Felßberg fackelte nicht lang bis zu seinem Treffer. Nach einem Ballverlust vor dem Babelsberger Strafraum war der Weg zum Tor frei, 5:2 (75.). Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Nur leider ist es noch nicht das Ende gewesen. Für dieses sorgte Artur Mergel mit seinem dritten Tor und dem sechsten Gegentor für Luis Klatte, der sich hier nicht recht entscheiden konnte, ob er dem Erfurter entgegen laufen sollte oder nicht (84.). Sonst hat er ein ordentliches Spiel gemacht, was eigentlich auch für die gesamte Leistung der Equipe zählt. Trotzdem haben vereinzelte Fehler das Torverhältnis unnötig in die Höhe getrieben.

Das Spiel fühlte sich irgendwie surreal an, weil das Endergebnis von 6:2 den Spielverlauf verzehrt. Außerdem nutzten die enorm effizienten Thüringer unsere Lücken mitleidslos aus. Diese Cleverness hat die Equipe noch nicht, auch, wenn sie aufopferungsvoll weiterspielte und auch beide Tore einen guten spielerischen Ansatz gezeigt haben. Erfreulich ist, das ist keine neue Erkenntnis, dass der Kader genügend Reserven hat, die der Trainer nachlegen kann. Leider kam die blauweißbunte Spielidee zu selten durch, beziehungsweise wurde der Matchplan vom unvorhersehbaren Spielverlauf durchkreuzt, wie ein Feuerzeug, dass man versucht, im Wind anzuzünden. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Kiezkicker vom Ergebnis zügig freimachen können. Nun stehen zwei Heimspiele nacheinander an, zu dem unter anderem der FC Carl Zeiss Jena am Samstag ins Karli kommt.

Aufstellung Nulldrei: Klatte, Wegener (81. Kastrati), Iraqi (46. Steinborn), Gencel, Nattermann, Danko (46. Ndualu), Fuchs, Sietan, Ibraimo, Cakmak (67. Schmidt), Gladrow

Schiedsrichter: Michael Näther
Assistenten: Richard Hempel, Johnny Schiefer

Zuschauer: 3.923