Die „Recherchegruppe Babelsberg 03 im Nationalsozialismus“ präsentiert erstes Zwischenergebnis


[Überarbeitet am 7.12.2020. Ursprüngliche Version vom 18.11.2020]

 

Seit einigen Monaten hat sich eine Gruppe junger Erwachsener intensiv mit der Geschichte unseres Sportvereins, vorrangig zu Zeiten des Nationalsozialismus, auseinandergesetzt, und konnten nun, trotz der erschwerten Pandemiebedingungen, ein erstes Zwischenergebnis ihrer ausgiebigen Recherchen präsentieren. Die zusammengefassten Resultate der letzten Wochen hat die Gruppe darüber hinaus in der Reihe „Fanprojekt Babelsberg Podcast“ via Anchor FM veröffentlicht. Zum Audio-Beitrag geht es über folgenden Link: https://anchor.fm/fanprojekt-babelsberg.

Die detaillierten Kontaktpunkte zwischen unserem Verein und dem Nationalsozialismus hat die Recherchegruppe nachfolgend dargestellt:

Zwischen 1931-1935 brachen die ersten erfolgreichen Jahre des Vereins an. 1933-1935 marschierte der Verein (damals unter dem Namen SV Nowawes 03) von der dritthöchsten in die höchste Spielklasse (Gauliga) durch. Der Stadtrat von Nowawes zeigte sich dabei hocherfreut über den „nationalen Geist von Nowawes 03“. Ab 1934 mussten jüdische Spieler_innen aus arischen Vereinen austreten und eigene Vereine gründen. Allerdings kam es bei Nowawes 03 zu keinen Austritten, was darauf schließen lässt, dass schon zuvor keine jüdischen Spieler_innen bei Nowawes 03 spielten. Schon 1933 zeigte die Mannschaft des Nowawes 03 geschlossen den Hitlergruß. Dies ist ein Indiz, dass sich der Verein schon sehr früh mit der Ideologie des NS anfreundete und somit für Juden_Jüdinnen sowie anderen vom NS verfolgten oder den NS ablehnenden Gruppen ein unattraktiver Verein war.

Wichtig ist auch der Blick auf einen der weiteren Vereine in Babelsberg zur damaligen Zeit, der ASV Concordia Nowawes 06. Während der SV Nowawes 03 eher dem bürgerlichen Spektrum zuzuordnen war, war der ASV Concordia Nowawes 06 der Arbeiter_innenverein in Babelsberg. Schon kurz nach der Machtübernahme der Nazis wurde die Concordia im Gegensatz zum SV Nowawes 03 von den Nazis im Zuge der Gleichschaltungspolitik verboten. Während der Arbeiter_innenverein im Zuge der Gleichschaltungspolitik verboten wurde, konnte der SV Nowawes 03 vermutlich aufgrund seiner für die Nationalsozialisten unproblematischeren Mitgliederstruktur weiterexistieren.

Ab dem Jahr 1935 wurde in Deutschland die Wehrpflicht wieder eingeführt, weshalb viele Spieler des Vereins in Potsdam stationierte Soldaten waren. Der Spieler Karl Bertram beispielsweise war Teil der Legion Condor, einer deutschen Luftwaffeneinheit zur Unterstützung des spanischen Diktators Franco und fiel im dortigen Bürgerkrieg. Nach einem Spiel gegen Hertha BSC 1936 im Babelsberger Lindenpark posierten die Spieler auf einem Foto teilweise in Uniformen der Wehrmacht*. Doch nicht nur die Spieler waren vermeintliche Nationalsozialisten. Ab 1936 war der hohe SA-Funktionär Dr. Walter Sehring Vereinsführer. Ebenso darf davon ausgegangen werden, dass die Anhänger_innenschaft nationalsozialistisch eingestellt war.

Am 1. April 1938 befahlen die Nationalsozialisten die Umbenennung der Ortschaft von „Nowawes“ in „Babelsberg“. So sollte der „undeutsche“ Name slawischen Ursprungs endgültig von der Landkarte verschwinden. Ein anderer Erklärungsansatz geht davon aus, dass man den Ruf des unliebsamen „Roten Nowawes“ loswerden wollte**. Daraufhin wurde auch der Verein in SV Babelsberg 03 umbenannt. Am 1. April 1939 wurde die Stadt dann schließlich nach Potsdam eingemeindet.

Ebenfalls im Jahr 1939 fusionierte der SV Babelsberg 03 mit den Sportfreunden Potsdam und sollte von nun an bis 1945 SpVgg Potsdam 03 heißen***. Sowohl die NSDAP, als auch die Stadtverwaltung unterstützten die Fusionierung und der neue Geschäftsführer SA-Sturmführer Günther Kauerauf sprach von einer „Pflegestätte nationalsozialistischen Gedankenguts“. Während des Krieges hatte der Verein ab 1940 auch Kriegstote zu verzeichnen. Kurt Schymanski, Leutnant der Wehrmacht und gleichzeitig Spieler des Vereins, organisierte Spiele gegen Soldaten aus der Hitlerkaserne in Potsdam. Bis in den Januar 1945 hinein wurden Spiele des Vereins ausgeführt, um die Moral der Bevölkerung zu bewahren.


* Im ursprünglichen Bericht vom 18.11.2020 schrieb die Gruppe, dass das Foto 1934 entstanden sei und die Spieler u.a. in SS-Uniformen zu sehen seien. Diese Angaben waren nicht korrekt.
** Im ursprünglichen Bericht wurde der „undeutsche“ Name Nowawes als Hauptgrund für die Umbenennung angegeben. Hier gibt es jedoch mehrere Sichtweisen.
*** Im ursprünglichen Bericht sprach die Recherchegruppe vom „SC Potsdam 03“. Diese Angabe war nicht korrekt.

Zu diesem Recherchebericht gibt es bereits eine erste kritische Auseinandersetzung auf www.abseits03.de