Wie Lonsdale sich gegen das Nazi-Image wehrt

Berliner Zeitung (12.03.2014)

POTSDAM – Trotz zahlreicher Anti-Rassismus-Kampagnen wird Lonsdale sein Neonazi-Image nur schwer los. Nun engagieren sich die Engländer bei deutschen Fußballclubs, die sich offensiv gegen Ausländerhass zur Wehr setzen – so wie der SV Babelsberg 03.

Wohl nur ganz selten hat die Nachricht über einen neuen Sponsor bei einem Fußball-Viertligisten für so viel Aufsehen gesorgt, wie derzeit beim SV Babelsberg 03. Dabei steigt weder ein arabischer Öl-Scheich noch ein österreichischer Brause-Gigant bei den Potsdamern ein, sondern eine britische Bekleidungsmarke – und das auch vorerst nur in einem recht kleinen Rahmen. Doch der neue Sponsor heißt Lonsdale.

Lonsdale? Richtig, da war doch was. In den 90er-Jahren gehörten T-Shirts, Polos und Pullover der Marke zur Standard-Ausstattung in der rechtsextremen Szene. Die Neonazis trugen die Kleidung mit dem großen Lonsdale-Schriftzug auf der Brust besonders gern, weil sich damit so gut provozieren ließ: Je nachdem, wie weit sie den Reißverschluss ihrer Bomberjacken offen ließen, war auf der Brust die Buchstabenkombination NS oder NSDA zu lesen – ein Hinweis auf den Nationalsozialismus und Hitlers NSDAP. Schon zuvor war die Marke in England bei Skinheads sehr beliebt. Auch als Teile dieser Subkultur nach rechtsaußen abdrifteten, nahmen sie die Marke einfach mit.

Anders als bei der im Landkreis Dahme-Spreewald ansässigen Marke Thor Steinar störten sich die Briten an ihrer Beliebtheit bei Neonazis. „Unsere Marke ist gekapert worden“, sagt Firmensprecher Ralf Elfering. „Ende der 90er Jahre haben wir konsequent unsere Händlerlisten durchforstet und uns von solchen mit rechtsextremistischem Hintergrund getrennt.“ Umsatzeinbußen von bundesweit 35 Prozent nahmen die Briten in Kauf. „Freiwillig und gern“, wie Elfering betont.

Seither versucht die Firma sein Negativimage loszuwerden und sich neue Käuferschichten zu erschließen. Seit 2005 unterstützt sie die Initiative „Laut gegen Nazis“ und sponserte im gleichen Jahr den Kölner Christopher-Street-Day. Eine Werbekampagne lief unter dem Slogan „Lonsdale loves all colours“ – Lonsdale liebt alle Farben. Auch die Boxabteilung des FC St. Pauli bekam Geld. Immerhin trug schon Boxlegende Muhammed Ali Lonsdale. Trotzdem haben viele beim Namen Lonsdale auch heute nur eine Assoziation: Neonazis. Deshalb versucht es die Firma nun mit König Fußball – dem Lieblingssport der Deutschen.

Schon der Namensgeber der Marke, der Earl of Lonsdale, soll ein großer Fußball-Liebhaber gewesen sein: In der 1930er-Jahren war er Präsident von Arsenal London. Zudem war Lonsdale einst Trikotsponsor des englischen Erstligisten Blackburn Rovers.

In Deutschland haben sich die Lonsdale-Verantwortlichen „linke Vereine“ ausgesucht, die sich offen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit engagieren. So wie Babelsberg 03. Denn die Potsdamer sehen sich nicht nur als Sportverein. „Unser Verein steht für Fußball mit Haltung“, sagt Sprecher Thoralf Höntze. Gemeint ist das aktive Bekenntnis für Toleranz und gegen Rassismus. „Für uns ist Lonsdale daher schon lange eine ganz normale Marke“, sagt er.

Das Sponsoring beschränkt sich vorerst auf Fanartikel: Lonsdale schenkt dem Verein im Sommer 1000 T-Shirts mit eigenem Babelsberg-Design. Aber schon jetzt können die Fans T-Shirts kaufen mit der Aufschrift „Lonsdale against racism & hate“ – Lonsdale gegen Rassismus und Hass. Die Einnahmen geben die Babelsberger zum Teil weiter an ihren kubanischen Partnerverein „Mantua 62“. Im Gegenzug dürfen die Engländer im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion werben.

Die Reaktionen der Fans fallen meist positiv aus, obwohl sich noch nicht alle mit dem neuen Sponsor anfreunden können. „Sorry Leute, 10 Jahre liefen die größten Vollspacken mit Lonsdale rum, und nun ist alles wieder gut?“, schreibt jemand im Babelsberg-Forum. Andere Fans hoffen dagegen, dass die T-Shirts nur der Anfang sind: „Ich find’s schade, dass Lonsdale nicht unser Brustsponsor wird“, heißt es.

Lonsdale-Sprecher Elfering hat von diesem Wunsch gehört, hält sich aber bedeckt: „Lassen wir das Pflänzchen langsam wachsen.“